Inschrift
…denn die Flucht vor den Worten ist leicht 
wie aber retten wir uns vor dem was wir verschweigen

Georgi Gospodinov dt. Henrike Schmidt

Tagebuch | Sonnenuntergangsspiegelei

…nichts ist weiter weg
als alte weg gefährten
nichts
weiter

Georgi Gospodinov dt. Henrike Schmidt

Der Regen seufzt und setzt
Auslassungspunkte in die Pfützen.
Was wohl
Wollte die Wolke sagen…

Georgi Gospodinov dt. Henrike Schmidt

letztes Wort

Jagd 1

Jagd 2

Jagd 5

Herbst

Meine Mutter
kocht den Sommer
hinterm Block
in Einmachgläser ein.

Georgi Gospodinov dt. Henrike Schmidt

Die Frau des Jägers

Die Frau des Frauenjägers
Hält es nicht aus und flüchtet
Der Jäger
bärtig bricht zusammen.

Das Wild flieht gelangweilt

Georgi Gospodinov dt. Henrike Schmidt

Aufbruch

Der Sonnenuntergang in Sosopol hat sich verspätet
Die Sonne
In deine Hüften verguckt

Georgi Gospodinov dt. Henrike Schmidt

Stein

2013-2016

Der Gedicht-Zyklus „Lapidarium“ des bulgarischen Literaten Georgi Gospodinov ist poetische Alltagschronik und in Wort gehauene Sprachphilosophie. In knapp 50 lapidaren Gedichtminiaturen werden Stationen menschlichen Lebens und Liebens aus, zwischen Plattenbausiedlung und Dorffriedhof, Tomatensoße und liebem Gott, Geburt und Tod dargestellt. Der Band bedient sich dabei der Bedeutung des Begriffs „Lapidarium“ als einer archäologischen Sammlung von historischen Stein-Inskriptionen. „Lapidarium“ ist damit eine praktisch-poetische Auseinandersetzung mit den philosophischen Grundlagen der Sprache, des Erkennens und der Kommunikation – und dennoch voll prallen Lebens. Hier setzt auch das Konzept meiner bildlichen Umsetzung an: Über die inhaltlich-figurative Auseinandersetzung mit den einzelnen Gedichten hinaus geht es insbesondere darum, in Bildzyklen die Ordnungsprinzipien des Gedichtbands zwischen Archiv und Enzyklopädie, zwischen linearer Erzählung und zyklischer Wiederholung herauszuarbeiten.